Buch: Angenent, Katja: Von Geistern, Gespenstern und Gruselgestalten. Düstere Sagen und Legenden aus dem Münsterland. Münster 2022.

Ausstattung: Paperback, 176 Seiten.

Inhalt: 31 Sagen und Legenden aus dem Münsterland werden neu erzählt. Zudem gibt es einige Erläuterungen und Worterklärungen. Das Abschlusskapitel präsentiert einen „Minireiseführer“ zu den Orten, an denen einige der Texte spielen.

Kurzbewertung: Eine nette Sammlung kleiner, düsterer Erzählungen, die im Münsterland beheimatet sind. Es ist ein spannendes und zugleich unterhaltsames Büchlein zum Lesen und Vorlesen – mit gut ausgewählten Texten, die sprachlich ansprechend modernisiert wurden.

Rezension: Wer eine neue Region kennen lernen will, muss dorthin fahren. Wer sie richtig gut kennen lernen möchte, sollte darüber hinaus sich auch mit den Sagen, Märchen und Legenden beschäftigen, die aus der Gegend stammen. Das gilt auch und besonders für das Münsterland, das eine ausgeprägte Märchen- und Sagentradition hat. Märchen aus dem Münsterland haben es schon über die Droste-Hülshoff-Familie in die Grimmsche Sammlung geschafft, und noch Anfang des 20. Jahrhunderts sammelte der Märchenforscher Gottfried Henssen rund 500 Märchen, Sagen und Legenden und Erzählungen aus dem Münsterland.

Besonders bekannt ist das Münsterland für seine Spukgeschichten. Da gibt es den Spökenkieker, der in die Zukunft schauen kann; es gibt Poltergeister die im Haus herumspuken, Heulemännchen, die das Moor unsicher machen und viele andere Spukgestalten, die besonders gerne in der Davert, einem der größten Waldgebiete der Gegend, zu Hause sind.

Von diesen und weiteren Spukgestalten präsentiert Katja Angenent eine Auswahl von rund dreißig Texten, die sie für die Veröffentlichung neu verfasst hat, sich aber grundsätzlich „eng an den Kern der Aussage gehalten“ hat, wie sie im Vorwort schreibt. Das bringt Vorteile, aber auch Nachteile mit sich. Positiv hervorzuheben ist, dass die Texte dadurch weniger sperrig sind als die aufgeschriebenen Originale aus dem 19. Und frühen 20. Jahrhundert. Sie sind sprachlich lebendig erzählt und durchaus unterhaltsam ausgestaltet. Manchmal ist es des Guten aber auch zu viel. Wenn die Erzählerin beispielsweise über innere Monologe die Leser zu sehr an den Gedanken und Gefühlen der Figuren teilhaben lässt, geht das für die Textgattung Typische ein wenig verloren. Denn nicht nur für Märchen, sondern auch für Sagen und Legenden ist typisch, dass es sich eher um nüchterne Schilderungen und typisierte Figuren handelt. Das hat auch seine Funktion, denn dadurch bleibt mehr Raum für die Fantasie der Zuhörenden.

Neben den Texten gibt es immer wieder kurze Begleittexte, die bestimmte Dinge einordnen. Die Geschichte „Der Mönch in der Heide“ (S. 25f.) erzählt beispielsweise eine Neufassung der Sage des versunkenen Klosters im Heiligen Meer, einem See bei Hopsten. Der zugehörige Begleittext „Erdrutsche im Münsterland“ erläutert, dass das heilige Meer ein sogenannter „Erdfallsee“ ist, der vor über 1200 Jahren entstanden ist (vgl. S. 29). Außerdem ist hervorzuheben, dass zu den Sagenstätten stets stimmungsvolle Fotos abgebildet sind. Die Fotos stammen von der Autorin selbst und man ahnt, dass sie ihr fotografisches Handwerk versteht, auch wenn die Abbildungsqualität leider nicht die beste ist.

Besonders schön ist die Anregung des Schlusskapitels, einige der „Düstere(n) Orte des Münsterlands“ auf eigene Faust zu entdecken. Dazu finden sich 23 Vorschläge mit kurzen Hinweisen, was es dort zu sehen gibt und manchmal sogar mit Adressen und Telefonnummern. Dieses Kapitel macht Lust, einige der Sagenstätten selbst aufzusuchen. Manchmal sind die Ortsangaben sehr genau, sogar mit Geokoordinaten wie beim Mordkreuz von Tilbeck, manchmal aber leider auch recht ungenau, wenn zum Beispiel das Waldgebiet „Hohe Ward“ „zwischen Münster und Amelsbüren“ (S. 167) angesiedelt wird. Tatsächlich liegt die Hohe Ward südöstlich von Hiltrup und zieht sich bis Albersloh.

Fazit: Ein gelungenes Buch für alle, die sich für die schaurigen Erzählungen und Spukgeschichten des Münsterlands interessieren. Ein nettes Büchlein zum Lesen und Vorlesen – besonders gut geeignet für lange Winterabende vor dem Kamin und das nicht nur im Münsterland. Die zusätzlichen Anregungen (Fotos, Worterklärungen, weiterführende Hinweise, Literaturhinweise) können dazu animieren, sich weiter mit dem Münsterland und seinen Erzählungen zu beschäftigen.