Buch: Brockert, Siegfried und Gisela Schreiber: Heilende Märchen für Kinder und Eltern. Geschichten, die Kindern helfen, ihre Sorgen und Nöte zu bewältigen und den Eltern helfen, ihre Kinder besser zu verstehen. (1997)
Ausstattung: Hardcover, 208 Seiten.
Inhalt: Ein Erziehungsratgeber, der kapitelweise durch Märchen und Märchenzusammenfassungen ergänzt wird.
Rezension:
Die Autoren des Buches nehmen sich viel vor, wenn man auf den langen Titel blickt. Es geht um Geschichten, die Eltern und Kindern helfen, mit dem Leben und miteinander klar zu kommen. Tatsächlich ist das Buch aber eher ein allgemeiner Erziehungsratgeber, der immer wieder mit thematisch passenden Märchen ergänzt wird.
Das Buch startet interessant. Es thematisiert die Gründe, warum Märchenerzählen wichtig ist und klärt den Märchenbegriff. Dann aber spielen Märchen nur noch am Rande eine Rolle und verkommen eher zum Beiwerk für allgemeine Erziehungsfragen, oft, ohne den systematischen Zusammenhang nachvollziehbar zu erläutern. Das ist schade, denn der Kapitelaufbau weckt durchaus das Interesse des interessierten Lesers. Es geht zum Beispiel um die Entwicklungsherausforderungen beim Heranwachsen (S. 32f.), die Möglichkeiten von „Märchen als Erziehungshilfe“ (S. 66f.) und um „Märchenfiguren als Rollenvorbilder“ (S. 74f). In diesen und weiteren Kapiteln zeigt sich aber stets eine Oberflächlichkeit, die kaum die geweckten Erwartungen erfüllen können. Anstatt zum Beispiel die Märchenfiguren als Rollenvorbilder konkret auszuführen, Beispiele begründet zu entfalten und daran anschließend Möglichkeiten des erzieherischen Umgangs mit Märchen herauszuarbeiten, begnügt sich das Kapitel mit vagen Andeutungen und Hinweisen auf gerade einmal vier bis fünf Märchenfiguren, wie Rapunzel, Schneewittchen und Pinocchio. Die Märchen werden dabei auch nicht präsentiert, sondern nur knapp zusammengefasst, wobei niemals klar wird, welcher Textfassung jeweils gefolgt wird.
Ähnlich geht es in den folgenden Kapiteln weiter. Es geht um den Umgang mit Familienproblemen, während in den letzten vier Kapiteln Märchen für das Wohlbefinden präsentiert werden, unterteilt in körperliches, geistiges, seelisches und soziales Wohlbefinden.
Die Märchen folgen meist den bekannteren „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm und sind durchaus passend ausgewählt. Allerdings ist auch an diesen Kapiteln problematisch, dass die immer wieder behaupteten Fakten und Verweise auf irgendwelche Studien nicht überprüft werden können, weil genaue Belege fehlen.
Wer sich also für den Inhalt dieses Buches und die dort aufgeworfenen Thesen interessiert, hat kaum eine Chance, sich näher in die Thematik zu vertiefen, ja er kann noch nicht einmal nachvollziehen, wie diese Thesen der Autoren zustande gekommen sind. Man merkt ihnen zwar an, dass sie sich durchaus intensiv mit der Kindererziehung auseinandergesetzt haben (Siegfried Brockert ist Diplom-Psychologe und Journalist, Gisela Schreiber ist ebenfalls Journalistin für medizinische und psychologische Themen). Dass sie sich intensiv mit Märchen oder märchenpädagogischen Fragestellungen auseinandergesetzt haben, ist aber eher zu bezweifeln.
Fazit: Für Eltern, die wenig Erfahrung mit Erziehung mit Märchen haben, sich aber grundsätzlich dafür interessieren, ist dies vielleicht ein ganz nettes Buch; aber nur unter der Voraussetzung, dass sie nicht vorhaben, sich tiefergehend und kritisch mit der Thematik zu befassen.