Buch: Gernet, Katharina: Märchen erzählen in Leichter Sprache. Das Praxisbuch. Mit Methoden, Regeln und 12 ausgearbeiteten Märchen. Erste Auflage 2017.

Ausstattung: Paperback, farbig, 109 Seiten.

Inhalt: 12 Märchen, umgeschrieben in „Leichte Sprache“, dazu einführende Kapitel, die erläutern, warum und wie man Märchen umarbeitet und präsentiert in leichter Sprache.

Rezension
Katharina Gernet, ausgebildete Übersetzerin für „Leichte Sprache“, legt hier ein Märchenbuch vor, das auch Menschen verstehen können, für die der Zugang für Märchen im originalen Märchenton womöglich verwehrt bliebe. In knappen, aber informativen einführenden Kapiteln erläutert sie überzeugend, warum ein solches Umformulieren von Märchen sinnvoll sein kann und gibt zugleich eine Anleitung, wie man selbst Märchen in leichte Sprache „übersetzen“ kann.

Worin die Unterscheide liegen, zeigt sie anhand des Beispiels von „Hänsel und Gretel“ (S. 18f.). Aus dem bekannten Anfang: „Vor einem großen Walde wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern; das Bübchen hieß Hänsel und das Mädchen Gretel“ wird in Leichte Sprache übersetzt: „Dies ist die Geschichte von Hänsel und Gretel. Hänsel ist ein Junge. Gretel ist ein Mädchen. Die beiden Kinder sind Geschwister.“

Es sind, wie dieses kurze Beispiel zeigt, vor allem Änderungen im Wortschatz (z.B. kurze, einfache Wörter, Vermeidung von Fremdwörtern, Erklärungen von schwierigen Wörtern), im Satzbau (z.B. kurze Hauptsätze, Vermeidung von Passiv- und Konjunktivformen sowie Präteritum-Formulierungen) und eine möglichst einfache Textstruktur.

Nachdem stichpunktartig Tipps zum Vorlesen dieser Märchen gegeben werden, präsentiert Gernet 12 umgearbeitete Märchen, überwiegend von den Brüdern Grimm: Sterntaler, Der dicke, fette Pfannkuchen, Rotkäppchen, Rumpelstilzchen, Dornröschen, Die Bremer Stadtmusikanten, Der Wolf und die sieben Geißlein, Der Froschkönig, Frau Holle, Hänsel und Gretel, Schneewittchen und Aschenputtel.

Kritisch einwenden kann man natürlich, dass von dem berühmten und genial konzipierten „Märchenton“ Wilhelm Grimms nichts mehr übrigbleibt. Auf diese Gegenargumente geht Gernet ein (S. 9f.) und zieht als Fazit: „Märchen bezaubern auch in Leichter Sprache“ (S. 10) und die hier vorliegende Sammlung gibt ihr Recht. Allerdings sollte die Sammlung nicht dazu verführen, die Originalmärchen der Grimms zu ersetzen.

Fazit: Diese Märchen sind geeignet vor allem für eine Zielgruppe: Für Menschen mit eingeschränkter Sprachkompetenz. Das vorliegende Praxisbuch richtet sich an Pädagogen, die mit diesen Menschen arbeiten, und präsentiert 12 bekannte Märchen überwiegend von den Brüdern Grimm in leichter Sprache; das heißt: in kurzen, einfachen Sätzen, erzählt im Präsens und in übersichtlichen Handlungsabfolgen. Zum Selberlesen gibt es passend dazu eine gebundene, bebilderte Ausgabe im Großdruck.