Buch: Der Märchenbrunnen. 12 Märchen der Brüder Grimm. Don Bosco Medien. 2. Auflage 2014.
Ausstattung: Paperback (farbig) 96 Seiten.
Inhalt: „Der Märchenbrunnen“ ist ein kleiner Märchenschatz für kleine Märchenentdecker. Eine Bilderbuchsammlung im Pixiformat, ansprechend illustriert von Petra Lefin. Die Textfassungen basieren auf den Grundlagen der Grimms und sind von Gesa Rensmann zum Teil gekürzt, vereinfacht bzw. behutsam dem modernen Sprachgebrauch angepasst worden. Die Märchensammlung beinhaltet folgende 12 Märchen: Hänsel und Gretel, Aschenputtel, Der Froschkönig, Dornröschen, Der Wolf und die sieben Geißlein, Frau Holle, Rumpelstilzchen, Schneewittchen, Sterntaler, Rotkäppchen, Die Bremer Stadtmusikanten und Vom Fischer und seiner Frau.
Zu den Bildern: Bebilderte Märchen sind in der märchenpädagogischen Diskussion stets kritisch bewertet worden. Oft wurde eingewandt, dass die „Bilder“ der Märchentexte für sich selbst sprechen sollten. Das Rumpelstilzchen zum Beispiel sollte im Kopf des Zuhörers entstehen und nicht auf Grundlage einer Bildvorlage „vorgesetzt“ werden. Andererseits bedarf es eines gewissen Erfahrungsschatzes, um Bilder überhaupt im Kopf entstehen zu lassen, über den v. a. kleine Kinder oft noch nicht ausreichend verfügen. Ein Kind, das z. B. noch nie einen Wolf gesehen hat, wird sich kaum einen Wolf vorstellen können. Dafür können Bilder also durchaus hilfreich sein. Die Bilder des „Märchenbrunnens“ sind meiner Meinung nach sehr ansprechend gestaltet. Sie sprechen sowohl Mädchen als auch Jungen an und sind nicht zu abstrakt, sondern konkret genug, d.h. gerade für kleine Kinder bestens geeignet. Ich habe es getestet: Die Büchlein vermögen Zweijährige ebenso wie Sechsjährige zu begeistern. Sie passen fast immer hervorragend zu den abgedruckten Märchentexten. Eine Ausnahme bildet lediglich der Auftakt zum Dornröschen, wo ein Frosch der Königin im Bade ein Kind prophezeit, auf dem Bild jedoch der Frosch mit der Königin, ihrem Gemahl und einem Baby zu sehen ist.
Zu den Textfassungen: Grundsätzlich sind die Textfassungen gut bearbeitet. Die Sprache ist etwas vereinfacht worden, bleibt aber nahe an den Originalfassungen der Grimms und damit sprachlich weiterhin anspruchsvoll. Schöne Originalformulierungen, etwa die berühmte Eingangsformulierung des Froschkönigs („In den alten Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat…“) oder wichtige Märchensprüche („Manntje, Manntje Timpe te…“) wie beim Fischer und seiner Frau werden beibehalten. Außerdem gefällt mir, dass trotz des verkürzten Titels „Der Froschkönig“ die Episode vom eisernen Heinrich nicht ausgespart wird. Grausamkeiten werden zwar gelegentlich abgemildert, aber nicht ausgespart, auch das ist lobenswert. Allerdings ist es schade, v. a. mit Blick auf junge Selbstleserinnen und -leser, dass sich ab und an Rechtschreib- und Grammatikfehler eingeschlichen haben, die auch bei der hier vorliegenden Zweitauflage nicht korrigiert wurden. Dies betrifft nicht alle Büchlein, aber unter anderem die Rotkäppchen- und Schneewittchenerzählung.
Trotz dieser kleineren Mängel: Der Märchenbrunnen ist eine Quelle der Fantasie für kleine Märchenentdecker. Und dem wunderschönen Einsteinzitat, dem diese Sammlung als Motto dient, kann man nur zustimmen: „Wenn du intelligente Kinder willst, lies ihnen Märchen vor. Wenn du noch intelligentere Kinder willst, lies ihnen noch mehr Märchen vor.“
Fazit: Eine Märchensammlung, die Kinder begeistert: Sprachlich ansprechend erzählt, schön bebildert und mit einer sinnvollen Märchenauswahl. Für eine Neuauflage wäre es wünschenswert, die kleineren sprachlichen Mängel zu korrigieren.